Lateinamerika

„Ganz Europa ist vom Geist der Revolution erfüllt“

Die internationale Protestbewegung am Ende des Ersten Weltkrieges

Zeitgenossen erlebten den Ersten Weltkrieg als den bis dahin schrecklichsten und opferreichsten Krieg. Vier Jahre lang litten sie unter seinen direkten Auswirkungen, viele weitere Jahre unter seinen langfristigen Folgen. Es war der erste Krieg, in dem im großen Maßstab Flugzeuge, U-Boote und Giftgas eingesetzt wurden. Fast zehn Millionen Soldaten kamen in den Schlachten von Verdun, Tannenberg und anderswo ums Leben, doppelt so viele wurden verletzt. Abseits der Front starben mindestens weitere zehn Millionen Zivilisten an Hunger und entbehrungsbedingten Krankheiten. weiterlesen »

Holger Marcks und Matthias Seiffert (Hg): Die großen Streiks - Episoden aus dem Klassenkampf

Rezension von Ralf Hoffrogge

Der Streik ist das erste und ursprüngliche Kampfmittel einer jeden Arbeiterbewegung: ganz gleich wo und unter welchen Umständen Arbeiter und Arbeiterinnen aufbegehrt haben, die organsierte Arbeitsverweigerung war und ist ihr größtes Druckmittel. Dennoch ist in Überblickswerken zur Geschichte der Arbeiterbewegung eher selten von Streiks die Rede, meist geht es um Organisations- und Parteiengeschichte, im Focus stehen die  Repräsentanten der Arbeiterklasse, nicht jedoch die Klasse selbst. weiterlesen »

Auf dem Weg. Gelebte Utopie einer Kooperative in Venezuela.

Buchtipp

In Barquisimeto, einer Millionenstadt im Westen Venezuelas experimentiert der Kooperativenverbund Cecosesola seit mehr als vier Jahrzehnten mit Selbstverwaltung und Basisdemokratie. Die Kooperativistas betreiben große Gemüsemärkte, produzieren Lebensmittel und bieten Gesundheitsversorgung und andere Dienstleistungen an. Sie arbeiten ohne Chefs, entscheiden im Konsens, bewältigen die Aufgaben im Rotationsverfahren und stellen immer wieder alles in Frage. weiterlesen »

Der Kampf der SME geht weiter

„nos vieron nacer

pero no nos veran morir“

 

Am 10. Oktober 2009 erwachten die Arbeiter des mexikanischen Elektrizitäts-unternehmens Luz y Fuerza (Strom und Kraft) mit der traurigen Nachricht, dass die 1914 gegründete Mexikanische Gewerkschaft für Stromarbeiter (Sindicato Mexicano de Electricistas SME) per Dekret nicht mehr existiere. 

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Nationalisierte Industrie und Arbeiterselbstverwaltung

Vorbemerkung: Der russische Revolutionär Leo Trotzki schrieb diesen Text im Juni 1938 im mexikanischen Exil. Darin beschäftigt er sich mit Verstaatlichungen anglo-amerikanischer Ölkonzerne durch die mexikanische Cardenas-Regierung.
Der Text wurde in den englischsprachigen "Writings of Leon Trotsky 1938/39" im Jahr 1969 veröffentlicht.


In den industriell rückständigen Ländern spielt ausländisches Kapital eine entscheidende Rolle. Weiterhin die relative Schwäche der nationalen Bourgeoisie im Verhältnis zum nationalen Proletariat. Hierdurch entstehen spezifische Bedingungen für die Staatsmacht. Die Regierung laviert zwischen ausländischem und inländischem Kapital, zwischen der schwachen nationalen Bourgeoisie und dem relativ mächtigen nationalen Proletariat. Dies verleiht der Regierung einen bonapartistischen Charakter sui generis, einer ganz bestimmten Art. Sie erhebt sich selbst, um es so auszudrücken, über die Klassen. In Wirklichkeit hat die Regierung zwei Möglichkeiten: entweder macht sie sich zum Instrument des ausländischen Kapitals und hält das Proletariat in den Ketten einer Polizeidiktatur; oder sie manövriert mit dem Proletariat und geht dabei sogar so weit, Zugeständnisse an das Proletariat zu machen, um auf diese Weise die Möglichkeit einer gewissen Freiheit gegenüber dem ausländischen Kapital zu gewinnen. weiterlesen »

Den Betrieb übernehmen. Einstieg in Transformation? «Besetzen, Widerstand leisten, produzieren»

Internationale Konferenz der Rosa Luxemburg Stiftung in Berlin vom 3.-5. November 2011

Auf der Konferenz diskutieren internationale ExpertInnen über Betriebsübernahmen durch Belegschaften, Vergesellschaftung und Demokratisierung von Wirtschaft und Produktion. Sämtliche Beiträge sind nun als Videomitschnitte online verfügbar (siehe weblinks am Ende dieses Texts)

Als Reaktion auf Neoliberalismus und Wirtschaftskrise(n) sind vielerorts Betriebe besetzt und die Produktion von der Belegschaft übernommen worden (Lateinamerika, USA, GB, Kannada etc.) Produktionsgenossenschaften nehmen zu und bilden internationale Netzwerke, um so eine Solidarische Ökonomie als Teil gesellschaftlicher Transformation zu entwickeln. Das Eigentum an Produktionsmitteln ist eine zentrale gesellschaftliche Machtachse, um die in gesellschaftlichen Transformationsprozessen – innerhalb des Kapitalismus und erst recht über ihn hinaus – gerungen wird. Die Privatförmigkeit der Unternehmen vermittelt alltäglich die Erfahrung, dass demokratische Entscheidungen dem Privateigentum untergeordnet sind. Die Veränderung von Kräfteverhältnissen hängt wesentlich davon ab, wie und ob es gelingt, diese Macht einzudämmen und umzugestalten, die systematische Herstellung von Ungleichheiten zu mindern und Mittel für die freie Entwicklung Aller und eines/r Jeden zu entwickeln. Die Frage von Vergesellschaftung/Verstaatlichung, Forderungen nach Belegschaftseigentum und Selbstverwaltung sind mit der gegenwärtigen Krise mit neuer Vehemenz gestellt worden. weiterlesen »

Mate, Ton und Produktion.

Zanon - eine Fabrik unter Arbeiterkontrolle

Film aus dem Jahr 2003 über die bis heute erfolgreiche Übernahme der argentinischen Keramikfabrik Zanon durch die Belegschaft:

"'Ohne Hirarchien zu arbeiten, so horizontal wie möglich. Viele Leute sagen, das sei unmöglich. Aber es schien auch unmöglich, eine Fabrik zu besetzen und viele Sachen, die wir hier verwirklichen.' - Christian gehört zu den über 300 Arbeiter_innen einer hochmodernen - und besetzten Keramikfabrik in Patagonien. Seit über 2 1/2 Jahren produzieren sie ihre Fliesen in eigener Verantwortung. Landesweit haben Arbeiter über 160 leerstehende Betriebe und Fabriken übernommen, nachdem sich die alten Besitzer aus dem Staub gemacht hatten. weiterlesen »

Arbeiterkontrolle in Venezuela

Reportage über 1. nationales Treffen zur Arbeiterkontrolle im Mai 2011 in Puerto Ordaz

Die Arbeiterbewegung, die in Venezuela heute in Erscheinung tritt, ist noch jung. Sicher hatten ihre Vorläufer, ebenso wie die europäische Arbeiterbewegung, auch ihre Bezüge auf die Oktoberrevolution in Russland. Aber die venezolanische Arbeiterbewegung, wie insgesamt die des lateinamerikanischen Kontinents, hat Besonderheiten, die einen
„europäischen Blick“ auf sie verbieten.

Die Kolonisierung brachte der indigenen Bevölkerung die Erfahrung der Zwangsarbeit. Die Afrikaner kamen in den Ketten der Sklaverei auf den Kontinent. Diese Geschichte und die ungebrochene Rolle des Grossgrundbesitzes schreiben sich bis heute in das Bewusstsein von der Arbeit ein. Dazu kommen die Abhängigkeiten der Ökonomie im internationalen Rahmen von Handel und Industrie, die eine nationale produktive Ökonomie nie entstehen liessen. In Venezuela hat zusätzlich der Ölrenten Kapitalismus die Arbeiterbewegung beeinflusst.

Mit dem Beginn der Bolivarischen Revolution haben auch die Arbeiterkämpfe in
Venezuela eine neue Dynamik entwickelt. Man muss bedenken, dass das Jahr 1989
und eine Revolte der ärmsten Bevölkerungsteile in Caracas und anderen Städten (der „Caracazo“) gegen die Auswirkungen der IWF-Rezepte ein Schlüsseldatum für alles Kommende war. In Europa herrschte zur gleichen Zeit Resignation und die Abgesänge auf revolutionäre Veränderungen kamen in Mode. Die Bolivarische Bewegung entwickelte hingegen seitdem den historischen Optimismus einer Gesellschaft im Aufbruch. weiterlesen »

Von der Commune in die Stadtteile

Zum 100. Jahrestag der Pariser Commune sangen Les Quatre Barbus „La Commune n’est pas morte“.

Weitere 40 Jahre später taucht die Commune wieder auf. Diesmal mit einem Plakat mit demselben Slogan bei den Protesten der Demokratiebewegungen in Griechenland, Ägypten und Spanien.

2011 gilt als Jahr der Revolutionen, Revolten und Umbrüche. Nicht nur im arabischen Raum wurden Diktaturen mehr oder weniger erfolgreich gestürzt, auch in Europa wandten sich große Teile der Bevölkerung gegen ihre Regierungen. weiterlesen »

Solidarische Ökonomie und betriebliche Selbstverwaltung

Das Beispiel der Usina Catende in Pernambuco, Brasilien

Zwischen EigentümerInnen und Beschäftigten eines Betriebes klafft meist eine große Lücke hinsichtlich ihrer Einflussmöglichkeiten auf die Gestaltung der Lebens- und Arbeitsbedingungen. Während die Besitzenden meist in leitenden Funktionen wieder zu finden sind, bleiben die Ausführenden traditionell in einem Abhängigkeitsverhältnis gefangen, das ihnen nur wenig Beteiligung und Autonomie ermöglicht. weiterlesen »