Europa

Einblicke in den Rätediskurs: Zu den programmatischen Ansätzen der 68er-Bewegung

„Ihr müßt diese Typen sehen. Ihr müßt ihnen genau ins Gesicht sehen. Dann wißt ihr, denen geht es nur darum, unsere freiheitliche Grundordnung zu zerstören!"
(vgl. u. a. DER SPIEGEL 1968a: 24; Ditfurth 2008: 18)



I. Rätediskurs innerhalb der 68er-Bewegung: Ein Überblick

Am 1. Dezember 1966 konstituierte sich die „Große Koalition“ unter Führung Kurt Georg Kiesingers. Die parlamentarische Opposition schien, bei einem Verhältnis von 447 (SPD- und CDU/CSU-Fraktion) zu 49 (FDP-Fraktion) stimmberechtigten Abgeordneten2, außer Kraft gesetzt bzw. nicht mehr im Stande als regulierende Instanz eingreifen zu können. Die Bildung einer so genannten „Außerparlamentarischen Opposition“ (APO), deren Wortschöpfung fälschlicherweise Rudi Dutschke zugeschrieben wurde (vgl. hierzu Vogel 2005: 150 ff.), schien diesbezüglich die logische Konsequenz eines verstärkten Bedürfnisses linksliberaler Gesellschaftsschichten, nicht nur aus dem studentischen Milieu, nach politischer Einflussnahme zu sein. weiterlesen »

Wirtschaftsdemokratie und gesellschaftliche Aneignung

Demokratisierung durch gesellschaftliches Eigentum und partizipative Planung

Die 2008 begonnene weltweite Wirtschaftskrise offenbart die Unfähigkeit des finanzdominierten Kapitalismus, ein stabiles Wachstum zu generieren. Die seit Ende der 70er Jahre durchgesetzten neokonservativen und neoliberalen Gegenreformen dienten vor allem dazu, die Klassenherrschaft des Kapitals zu bekräftigen und den Lohnabhängigen eine umfassende Umverteilung des erarbeiteten Reichtums zugunsten der Kapital- und Vermögensbesitzer abzuringen. Seit einigen Jahren, und besonders seit der jüngsten Krise, haben neoliberale Konzepte stark an Glaubwürdigkeit verloren. Zudem haben die sozialliberal gefärbten Modernisierungs-versuche des Kapitalismus Schiffbruch erlitten. Aber auch antikapitalistische und sozialistische Entwürfe haben ihre Glaubwürdigkeit unter weiten Teilen der Lohn- abhängigen in den kapitalistischen Metropolenländern eingebüßt. Die Linke hat das Scheitern der staatlichen Kommandowirtschaften und den Zusammenbruch der mit diesen verbundenen bürokratischen Diktaturen vor zwanzig Jahren noch nicht wirklich verarbeitet. Diese Schwierigkeiten haben einen zögerlichen Suchprozess nach neuen Konzepten ausgelöst. Vermehrt wird wieder über Ideen und Konzepte der Demokratisierung der Wirtschaft diskutiert wird (u. a. Bontrup 2006a; Demirovic 2006; Schuler 2010). weiterlesen »

Von der Commune in die Stadtteile

Zum 100. Jahrestag der Pariser Commune sangen Les Quatre Barbus „La Commune n’est pas morte“.

Weitere 40 Jahre später taucht die Commune wieder auf. Diesmal mit einem Plakat mit demselben Slogan bei den Protesten der Demokratiebewegungen in Griechenland, Ägypten und Spanien.

2011 gilt als Jahr der Revolutionen, Revolten und Umbrüche. Nicht nur im arabischen Raum wurden Diktaturen mehr oder weniger erfolgreich gestürzt, auch in Europa wandten sich große Teile der Bevölkerung gegen ihre Regierungen. weiterlesen »

Die Münchner Räterepubliken: Soziale Revolte oder politisches Emanzipationsprojekt?

Der Aufstand der Münchner Arbeiter, Soldaten und Bauern, aber auch einiger Schichten des Bürgertums am und nach dem Ende des I.Weltkriegs ist bei weitem nicht die einzige Erhebung gewesen, die aus der allgemeinen Krisenhaftigkeit der Zustände am Ende des Krieges erwuchs. Im Gegensatz zu den übrigen Rätemodellen, die eher im Norden der sich konstituierenden Weimarer Republik zu finden waren, war der bayerischen (oder baierischen, wie sie sich selbst bald nannte) Variante jedoch eine deutlich längere Lebensspanne gewährt. Dies hängt, wie zu zeigen sein wird, vor allem mit der Regierungszeit des rätefreundlichen Kurt Eisner zusammen, unter dessen Mandat sich die Strukturen und Geisteshaltungen, die im Frühling 1919 zur Räterepublik drängten, erst aufbauen und entfalten konnten. weiterlesen »

Der Rätekommunismus – Pannkoek und die holländisch-deutsche Schule

Der Rätekommunismus entstand aus der Konfrontation mit dem bolschewistischen Revolutionsmodell von 1917. Rätekommunisten sind eine anti-staatliche Fraktion im Kommunismus, wollten einen neuen Gesellschaftsaufbau von unten und keine bloße Macht- und Staatsübernahme. weiterlesen »

Alle Macht den Sowjets?

Der Kronstädter Aufstand als Schlusspunkt der russischen Revolution

Vor 90 Jahren, im Frühjahr 1921, erhoben sich die Matrosen des Marinestützpunkts Kronstadt gegen die Regierung der russischen Kommunisten. Sie, die einstige Speerspitze der Revolution, taten das nicht, um den Sozialismus zu bekämpfen. Ganz im Gegenteil: Sie wollten ihn vor der drohenden Erstickung durch die autoritären Männer um Lenin retten. Ihr Mittel dazu waren basisdemokratisch gewählte Räte, die der Allmacht der kommunistischen Partei entgegengesetzt werden sollten. weiterlesen »

Russische Bolschewiki und deutsche Linkssozialisten am Vorabend der deutschen Novemberrevolution. Beziehungen und Einflussnahmen

Die versuchte Beeinflussung der innenpolitischen Entwicklung Deutschlands durch die bolschewistische russische Regierung während der letzten Monate des Kaiserreichs – hauptsächlich aus der Sicht Lenins mit seinen Hoffnungen auf eine Revolution in Deutschland - ist jüngst auf neuester Quellengrundlage in einer exzellenten Studie von Alexander Vatlin untersucht worden. Ansonsten sind die seit „Perestroika“ bzw. weiterlesen »

Das Geschichtsbild der deutschen Novemberrevolution 1918 bei Eberhard Kolb, Susanne Miller, Heinrich August Winkler und Helga Grebing

Die Geschichtsschreibung in der alten Bundesrepublik[1] über die Novemberrevolution 1918 war bis Anfang der 1960er Jahre geprägt von der Interpretation, die MSPD-Führung[2] um Ebert und Scheidemann hätte nach Erlangung der Macht am 9./10. weiterlesen »

Die Novemberrevolution 1918 in Berlin - Eine notwendige Revision des bisherigen Geschichtsbildes

Die DDR-Geschichtsschreibung zur Novemberrevolution 1918/19 ist jüngst von Mario Kessler einer kritischen Analyse unterzogen worden, wobei die relevante Forschung in der alten Bundesrepublik nur relativ kurz angesprochen wird. weiterlesen »

Die Oktoberkonferenz 1918 der Spartakusgruppe. Neue Forschungsergebnisse

„Die wichtigste Initiative der Spartakisten in den Wochen vor der Revolution war die Einberufung einer am 7. Oktober [1918] in Berlin tagenden illegalen Konferenz von Vertretern der Spartakusorganisationen aus dem ganzen Reichsgebiet und von Linksradikalen, die nicht der USPD angehörten.“ weiterlesen »